• verträumt, kreativ, zurückhaltend, wissbegierig, verschwiegen, loyal, fürsorglich, liebevoll
• leidet an einer leichten Sozialphobie, die sich in Schüben äußert. Deswegen eine leichte, da sie nicht immer vorhanden ist und an normalen Tagen nicht zu bemerken.
• hört mehr zu, als sie redet, außer sie hat Vertrauen gefasst. Es mag nicht leicht sein, an sie ran zu kommen, aber wenn man Geduld hat, erwartet einen, ein wundervoller Mensch.
• sie wird nicht für immer diese Sozialphobie haben. Irgendwann wird sie sich lösen können. Doch dies wird eine Weile dauern.
• da sie die meiste Zeit sich um ihre Mutter kümmert, hat sie nicht so viel Zeit für Hobbys oder Freunde. Aber wenn liebt sie Leseabende, Kino, Musik und Malen.
I close my eyes and I can see
The world that's waiting up for me
That I call my own
Through the dark, through the door
Through where no one's been before
But it feels like home
Dies könnte ihr Leben beschreiben. Aber fangen wir doch von vorne an mit: es war einmal…
Nein. Das Leben ist kein Märchen, kein Buch und wird kein Happy-End haben. Auch wenn sich dass die verträumte Fae Melody Morgan wünscht. Schon immer wirkte alles bunt und schön auf sie. Die Welt war ein großer Spielplatz, als ihre Mutter Lucinda Morgan sie unter den üblichen Schmerzen am 25. Mai 2001 auf die Welt brachte. Eine hübsche blonde Frau, strahlend blaue Augen, was sie beides an ihre Tochter weitergeben sollte. Sie hat sich so auf ihre Prinzessin gefreut. Auch ihr Vater, Calvin Morgan, freute sich. Und die ersten Jahre waren von Glück und Freude gesegnet. Ein schickes Haus in San Francisco, genau auf dem Hügel, mit dem Blick über die Stadt. Als wäre es aus einem Film entsprungen.
Ihre Mutter arbeitete in einer Galerie, malte selbst in jeder freien Minute und auch dieses Talent gab sie an Fae weiter. Kaum dass sie etwas in den Fingern halten konnte, war es ein Pinsel. Nicht dass sie dies wollte. Sie nutze vielmehr gerne ihre Finger, um die Farbe auf die Leinwände zu streichen.
Ihr Vater arbeitete als Apotheker, führte seinen kleinen Laden in der Stadt neben vielen anderen. Sie waren nie reich, aber es fehlte ihnen an nichts. Fae konnte aufwachsen, unbeschwert. Zumindest kam es nicht plötzlich. Nein. Die Dunkelheit kam schleichend, wie ein Virus, der erst sich einnistet, im Verborgenen arbeitet und dann bemerkt man ihn erst, wenn es zu spät ist. So war es auch mit Lucinda Morgan.
Jede Frau ist doch nah am Wasser gebaut, sagt man. Emotionale Überempfindlichkeit. In ein Loch fällt jeder Mal. Das ist nur Stress. Auch als sie sich nicht auf den Geburtstag ihrer Tochter freuen konnte, schob sie es auf den Stress in der Galerie. Pflanzliche Präparate würden schon helfen um sie wieder fit zu bekommen. Als die Antriebslosigkeit dazu kam, sie morgens nur noch wenig aufstehen wollte, erkannte ihr Mann, dass nicht einfach mit Baldrian oder sonstigen Dingen getan ist. Er schickte sie zum Arzt. Der diagnostizierte Depressionen. So nahm dies seinen Lauf der normale Behandlungsweg: Therapie und Medikamente.
Und doch wurden die Symptome schlimmer. Erst unbemerkt, weil sie verschwieg, dass die roten Dinge auf einmal bedrohlicher für sie wirkten, weswegen sie das Wohnzimmer in Grün streichen ließ. Das Gelb im Esszimmer musste ebenso weichen. Sie erklärte, sie bräuchte eine Veränderung. Auch dies wurde alles akzeptiert. Fae jetzt 5 Jahre alt, sah dabei zu, wie sie sogar die Bilder abhing, weil sie sagte, sie würden sie beobachten, wenn alle schliefen. Was dies in einem Kind auslösen kann, nun ja, dies ist nicht schwer vorstellbar: Albträume. Ein blondes Mädchen wachte nachts schreiend auf und riss ihre Mutter damit in weitere Wahnvorstellungen, die sich immerzu verfestigten.
Warum hat der Vater nicht reagiert? Das hat er. Calvin Morgan hat seinen Beruf ausgenutzt, um an die Medikamente zu kommen, um sie seiner Frau zu geben. Er wollte ihr selbst helfen. Aus welchen Gründen nicht wirkliche Hilfe? Das würde wohl immer sein Geheimnis bleiben. Dass er die Kontrolle verliert, hätte er merken müssen, als sie Fae im Schwimmbad fast ertränkt hätte. Man sprach von einem Badeunfall, die Schwimmflügel vergessen. Aber sie hatte sie ihr einfach nur nicht anziehen wollen, weil diese ihre Tochter sonst die Arme abbeißen würden. Also ging sie mit ihr so ins Wasser und achtete nicht auf sie und den Schwimmreif, der kaum Luft mehr hatte. Fae wurde von einem 6 jährigen Jungen aus dem Wasser gezogen und gerettet. War dies endlich ein Grund für den Vater zu handeln? In der Tat. Nur nicht so, wie man es sich denken würde. Er beschloss die Koffer zu packen, alles in Kisten und die Stadt zu verlassen.
So kam die Familie Morgan im Jahr 2006 nach Lakota Springs. Kleinstadt, in der sie niemand kennt und niemand die kleine Familie in Frage stellen würde. Er besorgte sich einen Job bei der hiesigen Apotheke, um weiter an Medikamente zu kommen um seine Frau alleine zu behandeln. Dass er dazu nicht fähig war und somit seine Tochter weiter gefährdete, missachtete er.
Also erlebte Fae die nächsten Jahre immer wieder im Wechsel von Aufmerksamkeit und „Liebe“ und völliger Missachtung und den Wahnvorstellungen, die ihre Mutter mit ihr teilte. Aber Fae war kein dummes Kind und merkte irgendwann, dass die Welt zwar bunt und groß war, auch mal gefährlich sein könnte, doch niemals so, wie ihre Mutter es sagte. Sie war eigentlich ein fröhlicher Mensch, gütig und immer ein Lächeln auf den Lippen. Sie liebt es sogar sehr zu lachen und würde gerne mehr von der Welt sehen.
Sie besuchte die Schule und anfangs versuchte sie wirklich noch Freunde zu finden. Den einen oder anderen fand sie auch. Doch es wurde immer schwieriger. Manchmal hatte sie nämlich gute Tage, dann wieder schlechte und jede Kontaktaufnahme wurde zur Herausforderung. Denn so sehr man es nicht will: Dinge setzen sich fest. Unbewusst verankert tief in unserem Innern. So wuchs die Angst, bei jeder Auseinandersetzung die sie erlebte, mehr und mehr. Die Menschen waren grausamer, als sie es zuhause erlebte. Vielleicht war sie auch nur zu zart? Ihre Mitte zu finden inmitten der ganzen Menschen, war für sie niemals leicht.
Ihre Mutter war meistens die Ruhe und der Friede selbst. Dass es an den Medikamenten lag, bemerkte Fae erst, als sie ins Teenageralter kam und ihr Vater Hilfe brauchte, um die Medikamente anzureichen. Also half sie Zuhause, blieb öfter der Schule fern und versuchte mit fleißigem Lernen den Stoff nachzuholen. So blieb nicht mehr viel für andere übrig. An guten Tagen traf sie sich auch mal. Die wenige Zeit, die sie ansonsten hatte, gerade an den Wochenenden z.B. wenn ihr Vater zuhause war, da fing sie das Malen an. Wie ihre Mutter früher. Ein Atelier auf dem Dachboden wurde ihr Zufluchtsort. Leinwand für Leinwand reiht sich dort aneinander. Töpfe über Töpfe. Tuben. Pinsel. Schmutzige Kittel. Und ein Ipod den ihr ein besonderer Freund einmal geschickt hat.
Denn eines blieb unerwähnt: der Junge, der sie aus dem Wasser gezogen hatte. Sie behielten Kontakt bei, über all die Jahre. Jedes Jahr an ihrem zweiten Geburtstag, der Tag, an dem er sie aus dem Wasser zog, der 31. August, kommt eine Karte und ein kleines Geschenk. Einmal war dieser Ipod dabei. Klar, es gibt modernere Geräte, aber sie würde ihn niemals hergeben. Die Stöpsel in den Ohren und der Pinsel in der Hand und sie kann all die Farben in ihrem Kopf auf die Leinwand zaubern. In dieser Zeit, wenn sie malt, gehört sie nur sich selbst. Nur in dieser Zeit wagt sie zu träumen. Wie sie das Haus jeden Tag verlässt, zur Schule geht, ihre Freunde begrüßt, lacht und den Abschluss macht. Mit einem Jungen zum Ball.
Aber all das … kam nie. Denn was sich in ihr festgesetzt hat, ist eine Angst, sich anderen Menschen zu nähern, gesehen zu werden, berührt zu werden. Schon das Haus zu verlassen, um die Post zu holen, ist manchmal anstrengender, als wenn sie jedes Zimmer putzt. Kennt ihr das? Wenn man Schweißausbrüche bekommt? Herzrasen? Die Körperteile schwer werden und man denkt, man könne sich nicht mehr bewegen? So aus dem Nichts? Fae schon. Jedes Mal, wenn sie ihre Hand auf die Türklinke legt. Gut, nicht immer. Sie hat gute Tage, an denen sie ganz normal das Haus verlässt, durch die Stadt läuft und doch irgendwie unsichtbar sein will. Es schwankt zwischen gesehen werden wollen und doch wieder verkriechen. Aber an den guten Tagen lächelt sie, scherzt und bewegt sich freier, als sie ein ganz anderer Mensch. Eben die junge Frau, die sie auch ist.
Zum Fest wurde die Familie geladen. Ihr Vater ging hin, ihre Mutter blieb zuhause und wollte ein Bad nehmen. Fae beschloss für sich zu malen. Das tat sie den ganzen Abend, die Musik auf den Ohren. Erst als über ihr Handy die Nachricht kam, dass sie eine Mail von ihrem besonderen Freund bekommen hatte, ging sie in ihr Zimmer. Da zogen die ersten Wolken auf, der Wind pfiff ums Haus. Doch die Natur an sich machte ihr nie Angst. Nur manchmal eben die Menschen.
Da sie mit XY immer nur Mails schrieb, war ihre Sozialphobie nie ein Problem und sie genoss es. Das Mädchen was er über die Jahre hinweg kennenlernte, war die, die sie war. Ohne die Angst. Ein kluges Mädchen, was gerne Bücher las, am liebsten alte Krimi - Schmöker wie Sherlock Holmes oder Bücher über die Rosenkriege. Sie träumte sich in Harry Potter und liebte es, darüber zu reden. Aber auch ganz banale Dinge. Es war so einfach zu schreiben.
Auch an diesem Abend wollte sie mit ihm schreiben, doch da fiel das Netz aus, sodass sie nicht mal seine letzte Mail lesen konnte. Da der Sturm erst losbrach und sie sowieso eine ungewöhnliche Müdigkeit verspürte, legte sie sich einfach schon schlafen. Fae kuschelte sich in die Decke und erwachte am nächsten Morgen in einer Mischung aus Traum und Albtraum.
Das Fehlen ihrer Eltern versetze sie in Panik. Wirkliche Panik. Sodass sie noch im Schlafanzug aus dem Haus rennen wollte. Doch sie riss nur die Tür auf und blieb auf der Schwelle wie angewurzelt stehen. Die Welt war offen und verschlossen zugleich.